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Zwischen Traum und Erwachen – Luzides Träumen & Bewusstseinsräume

Es gibt Phasen im Leben von uns allen, in denen wir mehr oder weniger, häufig oder auch gar nicht träumen. Und ab und zu, auch wenn nur ganz selten, kommt es vor, dass wir in dem Traum Bewusstsein erlangen.


Wir erkennen im Traum, dass wir träumen, und betreten damit einen Ort, an dem wir Bewusstsein erleben, ohne wach zu sein.


Dieses Phänomen ist so faszinierend, weil es die Grenze berührt zwischen Realität, Wahrnehmung und Bewusstsein. Was ist echt, und was ist wahrhaftig Illusion?

Inwiefern ist der Traum noch eine Illusion, wenn wir bewusst in dem Traum drinstecken? Wenn wir nicht nur in der Rolle des Beobachters sind, sondern den Traum aktiv und bewusst mitgestalten?

Ja, vielleicht wird uns erst dann wirklich bewusst, dass wir in einer Illusion stecken. Denn wenn wir uns des Traums nicht bewusst sind, nehmen wir ihn als unsere Realität wahr - und bemerken erst, dass wir geträumt haben, wenn wir aufgewacht sind.


Foto: von Martin Kocher, Bild geschossen bei den Gastlosen / Jaunpass
Foto: von Martin Kocher, Bild geschossen bei den Gastlosen / Jaunpass

Genau deshalb finde ich dieses Thema des Weiteren so spannend: Weil das luzide (=bewusste, klare) Träumen allenfalls auch in unserem Wachzustand stattfinden kann?

Wann sind wir uns unseres Lebens so bewusst, dass wir während des Lebens bemerken, dass wir in der Illusion sind?

Ja, spannend...


Doch zurück zu dem eigentlichen Thema, dem luziden Träumen. Indem wir unsere Träume bewusst wahrnehmen und bemerken, wie wir im Traum aktiv werden können, eröffnen wir uns selbst damit die Tore, um unser Inneres zielgerichtet zu beeinflussen.


Ausschnitt Traumtagebuch 2025: “Eine Art Astralreise im Traum. .. Plötzlich macht mein Bewusstsein so wie einen Wirbel, also ich schliesse im Traum meine Augen und alles dreht sich um mich, aber alles in Ordnung, ganz angenehm. Dann bin ich ... luzid, weiss einfach, da geht was, ich bin in einem neuen Bewusstsein. …”

Eine persönliche Erfahrung: Ängste auflösen und Schöpfer werden durch luzide Träume


Ich weiss noch, dass ich bereits als Kind luzide geträumt habe. Es ging darum, mich einer bestimmten Angst zu stellen und diese durch die Traumarbeit aufzulösen. Wie ich darauf gekommen bin, weiss ich nicht mehr. Vielleicht hatte es mir jemand gesagt, ich solle es versuchen? Das kann sein.

Auf jeden Fall wurde mir damals inmitten des Albtraums bewusst: Ich kann mich wehren. Ich bin der Angst nicht ausgeliefert. Und da ich träume, kann mir nichts passieren.

Foto: von Martin Kocher, Bild geschossen auf Bözingenberg, Biel
Foto: von Martin Kocher, Bild geschossen auf Bözingenberg, Biel

Eine Phase lang waren es immer dieselben Albträume, die sich ähnlich abspielten wie im Märchen Hänsel und Gretel der Gebrüder Grimm. Ich musste mich einer Hexe stellen, welche mir und meinen Schwestern an den Kragen wollte. Eines Tages - oder Nachts, besser gesagt - entschied ich mich dazu, in der Angst zu bemerken, dass ich mich wehren kann.

So wurde ich mir inmitten des angstbehafteten Traumes bewusst, dass ich träumte. Ich sprang über meinen Schatten, indem ich mich wehrte.

Ich baute mich vor meinen Schwestern auf, nahm uns in Schutz und sagte der Hexe, sie solle uns in Ruhe lassen. Das war das letzte Mal, das ich diesen Albtraum hatte. Die Hexe kam nie wieder. Ich hatte die Angst im Traum mithilfe des bewussten Traumes besiegt - und ich hatte die Angst in meinem Bewusstsein gelindert.


Ausschnitt Traumtagebuch 2025: “… Plötzlich wusste ich, dass ich träumte und versuchte dem Horror/Schmerz durch Erhöhung meiner Energieschwingung zu entkommen. Ich dachte an Liebe und an meine geistige Kraft. Es funktionierte auch! …”

Dem inneren Kind begegnen und es heilen

Das obengenannte Beispiel gibt einerseits Aufschluss darüber, wie wir Kinder zu ihrer Selbstermächtigung und zum Schöpfersein animieren können. Und so verhält es sich auch, wenn es um unser eigenes inneres Kind geht.
Foto: Unsplash / Annie Spratt
Foto: Unsplash / Annie Spratt

Wir können solchen Träumen als Schöpfer der Materie begegnen und daran wachsen. So bekommt der Satz "Das war doch nur ein schlechter Traum" eine ganz neue Bedeutung. Es ist jetzt nicht mehr nur ein schlechter Traum, sondern der Spiegel unseres Inneren, an dem wir uns aktiv beteiligen können.


Unser inneres Kind hat uns vieles zu sagen, wenn wir ihm zuhören. Da wir das innere Kind auch heute noch oft verdrängen und ihm nicht die Beachtung schenken, das ihm zusteht, erfahren wir das innere Kind in Form von vielleicht diffusen Ängsten, die uns plagen. Ja, tatsächlich - insbesondere im Traum. Das Sich-Nicht-Erinnern-Können an den Traum ist ein gutes Mittel, um das innere Kind erfolgreich zu verdrängen. Jedenfalls vorübergehend...

Wie viel Freude, ehrliches Glück, Kreativität und Weisheit uns das innere Kind schenken kann, wenn wir ihm offen und wertschätzend begegnen, das ist die andere, schöne Seite der Medaille.

Es ist sogar so, dass diese Aspekte oftmals wie kostbare Schätze ungenutzt in uns verborgen bleiben und nicht an die Oberfläche kommen können, genau aus diesem Grund. Weil wir es ja nicht so haben wollen - könnte man meinen!


Foto: von Martin Kocher, geschossen beim Étang de la Gruère
Foto: von Martin Kocher, geschossen beim Étang de la Gruère

Tatsächlich ist jedoch die Auseinandersetzung mit dem verletzten inneren Kind unter anderem etwas vom Härtesten, dem wir uns stellen können. Als entsprechend heilsam und kostbar kann sich dieses Gegenüberstehen und Öffnen, Kämpfen und Versöhnen herausstellen.


Dass wir Bewusstsein erlangen im Traum ermöglicht uns also einerseits die ehrliche Innenschau, sowie auch das aktive Einschreiten in das Geschehen, das sich in unserem Bewusstsein abspielt.


Träume aufschreiben als Support


Später, im Erwachsenenalter, etwa mit zwanzig Jahren, habe ich die Gewohnheit intensiviert, meine Träume aufzuschreiben und zu studieren. Es gab eine Phase, in der ich fast mehr Interesse am bewussten Träumen hatte, als am Leben selbst. Ob das Realitätsflucht gewesen ist oder nicht, sei dahingestellt. (Anm. d. R.: Am Schluss kann alles als Realitätsflucht benutzt werden, so gut und entwicklungsbeschleunigend wir es auch einstufen.)


Auf jeden Fall weiss ich noch, dass ich manchmal von der Arbeit oder von der Schule nach Hause gekommen bin, und sofort schlafen (weil träumen) wollte. 45 Minuten, bitte. Nach 45 oder 90 (oder das Vielfache von 90) Minuten ist unsere REM-Phase beendet und fängt von Neuem an - eine gute Möglichkeit, uns an den Traum zu erinnern.


Ausschnitt Traumtagebuch 2025: “…Bei der Hinfahrt hatte ich irgendwie wie spirituelle, übersinnliche Begegnungen im Meer. … Die Menschen leben und sind angekommen im Meer, sie leben im Meer! Das war ein luzider Moment, als ich im Meer das Schiff herabgleiten, oder eben abtauchen sah! Ganz leicht und easy, und ich konnte auch atmen! …”

Foto: Unsplash / Tanya Syf
Foto: Unsplash / Tanya Syf

Mittlerweile sind es ein Dutzend Traumbücher, die vollgeschrieben sind mit Träumen, und die die Anzahl der Tagebücher fast übertreffen. Die Träume in diesen Traumbüchern sind in schnörkeliger, meist grauenhafter, kaum lesbarer Schrift geschrieben. So, wie die Schrift halt gleich nach dem Aufwachen ist, oft noch mit geschlossenen Augen schreibend, müde und noch halb in Trance. Manchmal sind es nur Wortfetzen, einzelne. Manchmal sind es mehrere Seiten, die von ein und demselben Traum handeln.


Wenn ich die Hefte wieder lese, kann ich mich an 99% der Träume nicht mehr erinnern. Oder auf jeden Fall an 95%. Obwohl ich sie damals aufgeschrieben habe!

Wir behalten diese Träume am besten, über die wir im Wachzustand nachdenken oder über die wir mit anderen sprechen.

Seis drum, auf jeden Fall ist es doch faszinierend, diese Dinge wiederzulesen. Das einer der Punkte, weshalb das Aufschreiben Sinn macht. Ein weiterer Punkt ist die Traumdeutung. Wir können uns Gedanken machen über den Traum und versuchen, ihn zu deuten. Der dritte Grund für die Sinnhaftigkeit des Aufschreibens ist, dass unter den aufgeschriebenen Träumen auch luzide Träume vorhanden sind, die ansonsten vielleicht im Nirvana verschwinden würden.


Foto: von Martin Kocher, geschossen auf der Röti / Weissenstein
Foto: von Martin Kocher, geschossen auf der Röti / Weissenstein

Intention setzen vor dem Einschlafen


Ja, das ist so eine Sache, mit dem Erinnern. Dabei bin ich überzeugt, dass es eigentlich nicht darum geht, dass wir uns nicht erinnern können. Vielmehr geht es vielleicht ums Wollen. Es geht darum, dass unsere Entschlossenheit dazu vielleicht unzureichend besteht. Gut, denn wenn wir das wissen, können wir das ändern.


Ausschnitt Traumtagebuch 2011:  "War im Lift .., er fuhr nach oben, plötzlich blieb der Lift stehen, ..., plötzlich kommt mir die Idee, luzide zu träumen! Ich bin vorsichtig, schaue auf meine Hände und herunter, ich weiss, dass ich träume, mein Puls ist sehr hoch im Traum! ...”

Es gibt die Möglichkeit, sich vor dem Zubettgehen ein Ritual anzueignen. Das muss nicht mega mystisch oder aussergewöhnlich sein, sondern kann einfach daraus bestehen, sich auf den letzten Gedanken vor dem Einschlafen zu fokussieren. Allenfalls mit einer vorher eingehenden oder begleitenden Meditation? Ein In-Sich-Gehen, ein paar Minuten. Gedanken abschalten, wahrnehmen. Den Körper, das Innen. Gefühle.

Mit der Intention: Ich erinnere mich an meinen Traum. Ich erinnere mich im Traum. Ich erlange Bewusstsein im Traum.

Bild: Die Beständigkeit der Erinnerung, von Salvador Dali 1931
Bild: Die Beständigkeit der Erinnerung, von Salvador Dali 1931

Dann sind wir also am Schlafen, und vielleicht träumen wir. Vielleicht wird es uns bewusst. Das kann Übung erfordern. Leser, die das kennen, werden nur verschmitzt lächeln. Ja, Übung macht die Meister, nicht wahr? So, nun sind wir im Traum. Wie gelingt es uns, Bewusstsein zu erlangen? Da kommt es nun auf unsere Intention an. Mir hat es beispielsweise immer geholfen, daran zu denken, was ich für Kleider anhatte.


Dies etwas, das mir im Traum nie so bewusst war oder was mir in den Sinn kam: Wie ich aussah. So kann es helfen, im Traum nach unten zu schauen, und zu sehen, was man anhat. Man kann sich so eine "Eselsbrücke" schaffen. Auch ein Blick in den Spiegel ist möglich. Dass wir im Traum denken: "Nun möchte ich mich mal selbst sehen." So suchen wir einen Spiegel, und sind uns dessen bewusst.


Ausschnitt Traumtagebuch 2025: “… Ich gehe auf den Balkon, und ich weiss plötzlich einfach, dass ich träume! Ich besinnte mich kurz, was ich jetzt tun oder denken sollte. Ich rief es mir einfach so lang als möglich in Erinnerung, dass ich luzid war, und freute mich! Dann im Badezimmer, immer noch luzid, vor Spiegel. … Ich sah mich selbst, und dann nahm ich mir vor, andere oder frühere Selbste im Spiegel zu sehen! Ich glaube, ich sprach es auch aus. Und so veränderte sich mein Gesicht. Ich war ein Mann mit blonden, langen Haaren. Noch ein anderer Mensch. Und schliesslich sah ich ein anderes, ausserirdisches Wesen. …”

Foto: Martina Mühlemann, geschossen in der Lenk, Berner Oberland
Foto: Martina Mühlemann, geschossen in der Lenk, Berner Oberland

Bewusst träumen und der Bezug zum bewussten Wachzustand


Wir Menschen träumen, und ja, auch Tiere träumen. Vielleicht nicht auf dieselbe Art und Weise, doch grundsätzlich ist der Traum einfach eine andere Art von Bewusstsein. Oder das Bewusstsein, das sich an einem anderen Ort auslebt. Sich zu Gemüte zu führen, dass Tiere träumen, lässt uns alles Leben mit anderen Augen begegnen.

Üben wir im wachen Zustand, unser Bewusstsein zu schulen, so tun wir dasselbe auch für den Traumzustand. Und umgekehrt!

Aus diesem Grund ist es lohnenswert, uns Gedanken über Bewusstsein zu machen. Wahrzunehmen, wo wir in Sachen Bewusstsein noch Potenzial haben zur Innenschau und Entwicklung. Ja, es kann sich ein Albtraum ereignen. Ob im Wachzustand, oder im Traum, es kann sein, dass wir überrollt werden und kämpfen müssen. Und wenn wir durch sind, blicken wir zurück und sind wir vielleicht erfüllt von Demut und Glück.


Ausschnitt Traumtagebuch (2011): “…Mir kam plötzlich in den Sinn, dass ich im luziden Traum war!! Und flog einfach über die Mauer! Ich flog über einen See hinweg, ich sag Berge und Tiere, Esel (...), dann war ich über einem Hügel. Plötzlich sah ich „böse Hunde“, die aussahen wie Geister, aus dem See aufsteigen! Fürchtete mich zuerst. Aber ich wusste ja, dass ich träume. Ich liess es nicht zu, vertraute auf mich. Ich „winkte“ sie ab, sie sanken wieder ins Wasser, stiegen wieder hoch, und ich machte das Selbe nochmals, spielte sozusagen „Jojo“ mit ihnen. Am Schluss winkte ich nur noch mit dem Finger, bis die Geister unten blieben, es war plötzlich nicht mehr schwer! Es war überwältigend. “

Foto: von Martin Kocher, geschossen beim Étang de la Gruère
Foto: von Martin Kocher, geschossen beim Étang de la Gruère

Hier ein paar Fragen, die man sich stellen kann zur Entwicklung des Bewusstseins - im Traum oder im Leben:


  • Wann bin ich mir wirklich bewusst, dass ich wach bin?

  • Wie oft beobachte ich meine Gedanken von aussen?

  • Was geschieht, wenn ich einfach alles auf mich zukommen lasse?

  • Bin ich meinen Gefühlen wirklich ausgeliefert?

  • Was ist, wenn ich mir meiner Angst bewusst zuwende, statt vor ihr zu fliehen?

  • Wer bin ich, wenn ich im Traum erkenne, dass ich träume?

  • Und wer bin ich, wenn ich erkenne, dass auch mein Alltag ein Traum sein könnte?

  • Was empfinde ich als wirklich, und woran messe ich diese Wirklichkeit?


Auch hier kann ich empfehlen (wie eigentlich bei allem), die Antworten mal für sich aufzuschreiben und später wieder zu lesen.


Nach dem Träumen ist es entweder schön oder schade, aufzuwachen in einer anderen Realität. Meistens hängt es auch nicht unbedingt mit dem Traum zusammen, ob wir gerne aufwachen oder nicht. Es hängt mit unserem Bewusstsein zusammen. Und dieses ist universell. Es ist Traum wie Wachzustand, Realität wie Illusion.


Die Thematik Traum ist faszinierend und lässt uns wachsen, wenn wir offen sind für das Unmögliche. Denn was möglich ist, das bestimmen wir selbst.


Lebe Deinen Traum!


Sei gegrüsst, Selina

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